Kunst  (Sybilla Golec)

deutung Ewa Gardzielewska

Raindrops - sybillianistic photo by Dorota

Von Anbeginn der Geschichte begehrte der Mensch, sich mit wunderschönen Gegenständen zu umgeben. Dieses Bedürfnis nach Schönheit, um nicht die magisch-religiöse Funktion zu vergessen, wurde zum Grundstein der Kunst. Allein schon der Begriff der Schönheit ist sehr  komplex und kann auf vielen Ebenen betrachtet werden. Die Vorstellung davon, was schön ist und was nicht, unterlag im Verlauf der Jahrhunderte unablässigen Veränderungen. Man braucht nur nach der Kunstgeschichte zu greifen. In der Antike und Renaissance wurde Schönheit als ein Streben nach Harmonie, Vollkommenheit, ideal ausgewogenen Proportionen angesehen. Der Barock suchte die Schönheit geradezu im Gegenteil, in expressiven herausbrechenden Formen mit starkem Licht- und Schatten-Kontrast, ausgebauter Komposition voller Bewegung und Dynamik. Die aufgeführten Beispiele machen uns bewusst, dass das Empfinden von Schönheit sich mit dem Laufe der Zeit umformte. Die folgenden Generationen kreierten neue Vorgaben. Gibt es heute, in der Zeit der allgemeinen Oberflächlichkeit und Massenhaftigkeit, noch Platz für Schönheit?

In der modernen Kunst scheint es, als ob die Schönheit wie ein überflüssiger Ballast abgeworfen worden sei oder vernichtet, indem sie Kitsch bzw. deviative Ausdruckskraft  streift, und falls sie schon in Erscheinung tritt, dann bestimmt nicht im Vordergrund. Heutzutage will die Kunst vor allem zum Denken anregen, schockieren, aufregen, doch wie oft fehlt es ihr leider an lesbarer Form. Kunst ist heute nicht selten nur Spaß, eine soziologische Erfahrung, ein Spiel mit dem Publikum, in dem Exhibitionismus und gegenseitige heimliche Beobachtung dominieren. Kann man sich darüber entrüsten, wenn man annimmt, dass Schönheit gar nicht existiert oder, um es behutsam zu sagen, nur Geschmackssache ist?

Icons Workshop in Sokolowsko

Sunset - sybillianistic photo by Dorota

Und dennoch sollte die Kunst, außer dem Erweitern der Horizonte, den Menschen auch beseelen, bereichern, ihn bewusster und somit besser machen. Man sollte dabei jedoch nicht vergessen, dass die Schönheit ihren Ausdruck nicht nur in der Harmonie der antiken Proportionen, sondern auch durch expressive, scheußliche, scharfe, brutale Formen findet. Sogar „hässliche“ Bilder können diese Funktion des Wegweisers erfüllen. Eine unabdingbare Bedingung dafür ist nicht so sehr eine suggestive, volle und perfekte Form, die ermöglicht, dass die Intentionen des Künstlers jederzeit und überall lesbar sind. Unzulässig ist hingegen, dass das Verständnis des Werkes nur in Verbindung mit einer Erläuterung des Künstlers oder eines Kunstkritikers möglich ist. In solch einer Situation reicht schon allein der Kommentar.

In der modernen bildenden Kunst drückt sich Schönheit in einer dem Inhalt angemessenen bildhaften Sprache aus. Im Verständnis hat dieser Begriff immer einen fundamentalen Platz in der Kunst.